Montag, 9. Juni 2014

Estland - Kuressaare, Parnu, Lohusla, Tallin

                                                                                                29.5. - 5.6.2014


Von meinem ersten  Anlaufhafen Montu, bei welchem ich den Leuchtturm an der Südspitze Saaremaas per Fahrrad  besuchte, fuhr ich am nächsten Mittag weiter nach Kuressaare, einer  kleinen Ferienstadt, ebenfalls noch auf der Insel Saaremaa gelegen, die für ihre besondere Vegetation berühmt und geliebt wird. Spannend war das Einlaufen durch ein langes  schmales Fahrwasser auf dessen teilweisen Aufschüttungen, neben dem Fahrwasser die Schwäne und Möwen in ihren Nestern saßen und laut lärmten. Kuressaare war, wie auch Pärnu,  gut touristisch hergerichtet, gilt sie doch als besonderes Ferienziel. Eindrucksvoll die große und gut erhaltene Bischofsburg, die dicht neben dem Hafen das Landschaftsbild prägt.

 Nach zwei Übernachtungen  ging es weiter nach Pärnu, wo ich den Hof von Markus und Nora von Schwanenflügel besuchte. Die Fahrt dorthin betrug immerhin 85 sm und gestaltete sich als eine recht Ausdauer fordernde Angelegenheit. Wind von Nord, d.h. Halber Wind für die ersten 60 Sm, wobei ich auf Grund des zunehmenden Windes und des damit zusammenhängenden immer höher werdenden Seegangs nicht so  hoch anliegen wie ich wollte, wodurch ich die letzten 25 Sm kreuzen musste. Auf Grund des Windes machte ich gute Fahrt durchs Wasser, war aber auch froh, nach 16 Stunden  angekommen zu sein. Am nächsten Tag mietete ich mir ein Auto um nach Natzaaku, dem genannten Hof zu fahren.  Die 90 Km führten mitten ins Landesinnere und endeten in einer recht einsamen aber schönen, leicht hügeligen Landschaft. An dieser Stelle möchte ich mich nicht ausführlich über den Hof auslassen, kann man diesen doch viel besser über seine eigene Homepage kennenlernen. www.naatsaku.de  

 Kurz gesagt haben sie dort den Hof von Noras Großmutter wieder übernommen, der nach vielen Jahrzehnten des verkommen seins, wieder aufgebaut, kultiviert und zusehends weiter mit Leben gefüllt wird. Fließendes Wasser gibt es nicht und somit nur ein WC Häuschen draußen… Dazu aber viele Tiere, viel Wald, einige Milchkühe und Gemüseanbau zur Selbstversorgung. Ein Sohn lebt ebenfalls mit seiner Familie dort. Gemeinsam werden so Jugendliche dort betreut, die in ihrer Biographie an Knotenpunkte gelangten und für die diese Auszeit ein wahrer Segen zum Innehalten und  Neuorientieren bedeutet.
Nachdem ich das Auto am nächsten Tag abgegeben und mit dem Rad noch mal durch die Stadt gefahren war, dabei am Strand vorbei kam und sah wie gut der Wind wehte, machte ich mich auf den Weg weiter nach Norden. Zuerst aber musste ich wieder aus der Pärnu Bucht heraus, leider wieder kreuzen, hatte der Wind ja gedreht. Aber dann wollte ich den Südwind nutzen!!!! Gegen 16 Uhr war ich endlich auf Nord Kurs mit drei Windstärken. Mein Ziel war, weiter nach Norden zu kommen, vielleicht Virtsu oder Haapsalu? Mal schauen. So wurde es Abend. Gegen  01 Uhr war es am dunkelsten, aber wirklich schwarze Nacht, wurde es nicht mehr: Dämmerig wird es und ein Lichtschimmer  bleibt am Horizont. Morgens gegen 6 war ich vor Haapsalu und entschied mich dann doch weiter zu fahren, war es grau und leicht nieselig und nicht gerade einladend für einen Stadtbummel. So kam ich langsam an die Nordküste und drehte den Kurs langsam auf Ost. Zeitweilig konnte ich sogar wieder Spinnacker setzen bis der Wind schließlich ganz einschlief und ich die letzten verbleibenden Meilen zum nächstgelegenen Hafen unter Motor zurücklegte. 


Halasalu, ein netter kleiner Hafen, eingezäunt und total bewacht,mit sehr gutem Sanitärbereich incl. Sauna, die ich gerne in Anspruch nahm. 25 Sm lagen jetzt noch vor mir bis nach Tallin, aber das konnte ich auch am nächsten Tag viel besser mit Wind schaffen. In Tallin kam ich erst am späteren Nachmittag, frühen Abend an. Es war ein schöner Abend und der Blick schon vom Wasser auf die Stadt Tallinn sehr begeisternd. Eingelaufen war ich im alten Olympia Yachthafen von Tallinn der der billigste und nur  4 Km von der Stadt entfernt lag. Auf Grund des schönen Wetters und der langen Abende entschied ich mich dann auch von hier aus mir mein Rad zu nehmen und noch einmal in die Stadt zu fahren.
Der Weg ging wunderbar  meist immer am Wasser entlang und man hatte einen schönen Blick auf die sich nähernde Stadt. Irgendwann fand ich den Einstig in die Altstadt die ich so mit dem Rad durchfuhr. Ich entdeckte die verschiedensten alten Kirchen und andere Gemäuer und erkomm ebenso den Altstadt Hügel, auf welchem das Parlament und verschiedene Botschaften liegen. Besonders schön die weiten Aussichten von hier über die weit unten liegende Stadt. Erst gegen 2330 Uhr war ich schließlich zurück beim Boot. Am nächsten Tag regnete es und ich war froh, abends noch schöne Fotos gemacht zu haben. Am folgenden Tag fuhr ich mit dem Bus und am übernächsten noch einmal mit dem Rad in die Stadt, dann reichte es mir und ich endschied die Küste weiter zu fahren, in Richtung Vergi. Da immer es generell eher schwachwindig ist, der Wind in der Nacht aber auf 3-4 auffrischen soll, entschied ich früh aufzustehen und ihn für die kommenden 55 Sm gut zu nutzen. Um 3 30 Uhr war ich unterwegs, der Wind zeigte nur eine leichte Briese dennoch besser als gar keine und er sollte ja auch noch kommen…
es ist 6 10 Uhr, ich segele  gerade aus der Bucht von Tallinn heraus, wieder mal den Wind aus Süd nutzend. Er ist zwar immer noch nur schwach, aber die Sonne ist aufgegangen und Seenebel steht über dem Wasser. Ich fahre quasi in ein Nichts-Polster hinein, wenn ich aber aufs Deck steige kann ich teilweise über den Nebel schauen, dazu ist die Temperatur in diesen 2,5 m Höhe deutlich wärmer wie unten in der Plicht wo ich sitze. Fast ein wenig unheimlich aber eben auch sehr spannend. Sorge habe ich wenig, kann man doch sehr weit hören, wodurch jedes Motorboot schon von weitem zu erahnen ist und Segler, die Paar schlafen noch. Vor kurzem war da eine Fähre oder ähnliches, die sich recht schnell näherte, aber nach etwas Lauschen hörte man sie vor mir, von links nach rechts in einiger Entfernung vorbei fahren. Gesehen habe ich sie nicht.
Der Wind entwickelte sich leider nicht so wie er angekündigt war. Er blieb schwach und gelegentlich musste ich einen kleinen Schlag kreuzen. Eigentlich war es sonnig und sehr schönes Wetter. Am Nachmittag zogen ein paar Wolken vorbei und ein paar vereinzelte Regentropfen zeigten sich. Ich war gerade unter Deck, ich erstarrte, lauschte, was war das? Ich sprang nach draußen, irritiert über das was ich hörte, ein lautes Rauschen. Nach einem Rundumblick verstärkte sich der Schreck, als eine weiße Wand von vorne kam. Wie das? Etwa so etwas, was ich schon einmal vor Travemünde erlebt, als plötzlich ein „Wieße Bö“ über mich rüber zog, wo ich gerade noch rechtzeitig die Fock einrollte, den Motor anwarf , die Großschot in der Hand hielt und hoffte mich im Wind halten zu können und das das Großsegel sich nicht in Fetzen zerriss. Das war eine Bö von mind. 10 Bft. gewesen. Nach 5 min war sie vorüber und alles war wieder gut....  An dies dachte ich in diesem Moment. So rollte ich sofort die Genua ein und lauschte verunsichert. Doch die "weiße Wand" eilte nicht in dem Tempo auf mich zu wie befürchtet. Sie verharrte  und löste sich schließlich ganz auf, bevor wir uns begegneten. Es war nur ein extremer Regenschauer, sogar ohne Wind, der das Geräusch und das Weiß auf dem Wasser verursachte und mir diesen Schrecken eingejagt hatte.  Nur sehr langsam ging es den Tag über vorwärts, mit zwischen 2-4 Knoten die Stunde und es war schon bald 20 30 Uhr als sich der lang ersehnte Wind endlich meldete. 3-4 Bft. waren für den Tag und die Nacht angesagt gewesen. Wie schön, dass er endlich kam. Aber vor mir lagen immer noch 10 Seemeilen. Diese Küste und die großen Buchten und Landzungen ziehen sich immer viel weiter hin als man das  denkt. Eigentlich hätte ich die geplanten 55 Sm schon lange geschafft  und schon  im Hafen hätte sein wollen. Und diese Strecke in die Bucht müsste ich sowieso wieder hinaus segeln, wenn ich rüber nach Finnland will. Das ging mir in diesem Moment durch den Kopf. Und da der Wind so gut und die Nächte nicht mehr dunkel werden und ich das Nachtsegeln sowieso spanend finde, entschied ich mich kurzentschlossen für einen Kurswechsel. Ich wendete, gab den neuen Kurs in den Plotter ein und war so auf dem weg nach Finnland, in der Hoffnung, dass der Wind andauert.
Haapasaari, eine kleine Inselgruppe vor Kotka, im Osten Finnlands war mein Ziel. Dieser Hafen hat einen Zollstützpunkt, so dass ich von hier, aus der EU ausreisen und nach Russland einreisen kann. Es ist die fast östlichste Möglichkeit der Ausreise, um die Anfahrt nach st. Peersburg auf das möglichste zu verkürzen. 85 Seemeilen werden es ohne Kreuz bis nach Krohnstadt, wo ich offiziell einreisen muss, immer noch sein, was wieder eine Nachtsegelei bedeuten wird.
Er dauerte an. Gegen 6 Uhr näherte ich mich Kogland, einer 5 Meilen langen Insel die ca 15 Meilen vor der Küste liegt, nicht wirklich wissend, dass diese schon zu Russland gehört. Und da ich recht dicht an der Insel entlang fuhr, mich somit im russischen Hoheitsgewässer befand. Das Funkgerät war eingeschaltet und plötzlich hörte ich, nach dem  schon einige unverständlich Meldungen vorangegangen waren , eine Positionsangabe. Mit Blick auf meinen GPS wurde da genau meine Position geannt! Sch… was wollen die, was habe ich falsch gemacht????Also meldete ich mich, nervös, irritiert und verunsichert, fehlt mir ja die Routine in dieser Sache.  Dazu kam, dass ich sie nur schwer verstanden habe mit ihrem russischen Akzent. Doch sie wollten nur meine Identität, von wo nach wo, welche Nationalität…  So lief ich um 10 Uhr in Haapasaari ein. 
 Wunderschöne Schäreninseln und ein Hafen, durch eine enge Einfahrt geschützt wie einem Ententeich. Da liege ich also jetzt, genieße die Ruhe, schlafe aus und sonne mich auf den Warmen Steinen – und schaue trotzdem schon mal was der Wind die nächsten Tage sagt, denn nach Möglichkeit sollte es etwas mehr Wind sein und nicht aus Ost kommen. Süd oder Süd West sind für Samstag angesagt, eventuell werde ich dieses Windfenster nutzen. Denn meist kommte er z.Z. aus östlicher Richtung und das auch nur recht schwach. So ist das eben wenn man vom Wind abhängig ist. Mal schauen wie es sich ergibt. 

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