Von meinem ersten
Anlaufhafen Montu, bei welchem ich den Leuchtturm an der Südspitze
Saaremaas per Fahrrad besuchte, fuhr ich
am nächsten Mittag weiter nach Kuressaare, einer kleinen Ferienstadt, ebenfalls noch auf der
Insel Saaremaa gelegen, die für ihre besondere Vegetation berühmt und geliebt
wird. Spannend war das Einlaufen durch ein langes schmales Fahrwasser auf dessen teilweisen
Aufschüttungen, neben dem Fahrwasser die Schwäne und Möwen in ihren Nestern saßen
und laut lärmten. Kuressaare war, wie auch Pärnu, gut touristisch hergerichtet, gilt sie doch
als besonderes Ferienziel. Eindrucksvoll die große und gut erhaltene
Bischofsburg, die dicht neben dem Hafen das Landschaftsbild prägt.
Nach zwei
Übernachtungen ging es weiter nach Pärnu,
wo ich den Hof von Markus und Nora von Schwanenflügel besuchte. Die Fahrt
dorthin betrug immerhin 85 sm und gestaltete sich als eine recht Ausdauer
fordernde Angelegenheit. Wind von Nord, d.h. Halber Wind für die ersten 60 Sm,
wobei ich auf Grund des zunehmenden Windes und des damit zusammenhängenden
immer höher werdenden Seegangs nicht so
hoch anliegen wie ich wollte, wodurch ich die letzten 25 Sm kreuzen
musste. Auf Grund des Windes machte ich gute Fahrt durchs Wasser, war aber auch
froh, nach 16 Stunden angekommen zu
sein. Am nächsten Tag mietete ich mir ein Auto um nach Natzaaku, dem genannten
Hof zu fahren. Die 90 Km führten mitten
ins Landesinnere und endeten in einer recht einsamen aber schönen, leicht
hügeligen Landschaft. An dieser Stelle möchte ich mich nicht ausführlich über
den Hof auslassen, kann man diesen doch viel besser über seine eigene Homepage
kennenlernen. www.naatsaku.de
Kurz gesagt haben sie dort den Hof von Noras
Großmutter wieder übernommen, der nach vielen Jahrzehnten des verkommen seins,
wieder aufgebaut, kultiviert und zusehends weiter mit Leben gefüllt wird.
Fließendes Wasser gibt es nicht und somit nur ein WC Häuschen draußen… Dazu
aber viele Tiere, viel Wald, einige Milchkühe und Gemüseanbau zur
Selbstversorgung. Ein Sohn lebt ebenfalls mit seiner Familie dort. Gemeinsam
werden so Jugendliche dort betreut, die in ihrer Biographie an Knotenpunkte
gelangten und für die diese Auszeit ein wahrer Segen zum Innehalten und Neuorientieren bedeutet.
Nachdem ich das Auto am nächsten Tag abgegeben und mit dem
Rad noch mal durch die Stadt gefahren war, dabei am Strand vorbei kam und sah
wie gut der Wind wehte, machte ich mich auf den Weg weiter nach Norden. Zuerst
aber musste ich wieder aus der Pärnu Bucht heraus, leider wieder kreuzen, hatte
der Wind ja gedreht. Aber dann wollte ich den Südwind nutzen!!!! Gegen 16 Uhr
war ich endlich auf Nord Kurs mit drei Windstärken. Mein Ziel war, weiter nach
Norden zu kommen, vielleicht Virtsu oder Haapsalu? Mal schauen. So wurde es
Abend. Gegen 01 Uhr war es am
dunkelsten, aber wirklich schwarze Nacht, wurde es nicht mehr: Dämmerig wird es
und ein Lichtschimmer bleibt am
Horizont. Morgens gegen 6 war ich vor Haapsalu und entschied mich dann doch
weiter zu fahren, war es grau und leicht nieselig und nicht gerade einladend
für einen Stadtbummel. So kam ich langsam an die Nordküste und drehte den Kurs
langsam auf Ost. Zeitweilig konnte ich sogar wieder Spinnacker setzen bis der
Wind schließlich ganz einschlief und ich die letzten verbleibenden Meilen zum
nächstgelegenen Hafen unter Motor zurücklegte.
Halasalu, ein netter kleiner
Hafen, eingezäunt und total bewacht,mit sehr gutem Sanitärbereich incl. Sauna,
die ich gerne in Anspruch nahm. 25 Sm lagen jetzt noch vor mir bis nach Tallin,
aber das konnte ich auch am nächsten Tag viel besser mit Wind schaffen. In
Tallin kam ich erst am späteren Nachmittag, frühen Abend an. Es war ein
schöner Abend und der Blick schon vom Wasser auf die Stadt Tallinn sehr
begeisternd. Eingelaufen war ich im alten Olympia Yachthafen von Tallinn der
der billigste und nur 4 Km von der Stadt
entfernt lag. Auf Grund des schönen Wetters und der langen Abende entschied ich
mich dann auch von hier aus mir mein Rad zu nehmen und noch einmal in die Stadt
zu fahren.
Der Weg ging wunderbar meist
immer am Wasser entlang und man hatte einen schönen Blick auf die sich nähernde
Stadt. Irgendwann fand ich den Einstig in die Altstadt die ich so mit dem Rad
durchfuhr. Ich entdeckte die verschiedensten alten Kirchen und andere Gemäuer und
erkomm ebenso den Altstadt Hügel, auf welchem das Parlament und verschiedene
Botschaften liegen. Besonders schön die weiten Aussichten von hier über die
weit unten liegende Stadt. Erst gegen 2330 Uhr war ich schließlich
zurück beim Boot. Am nächsten Tag regnete es und ich war froh, abends noch
schöne Fotos gemacht zu haben. Am folgenden Tag fuhr ich mit dem Bus und am
übernächsten noch einmal mit dem Rad in die Stadt, dann reichte es mir und ich
endschied die Küste weiter zu fahren, in Richtung Vergi. Da immer es generell
eher schwachwindig ist, der Wind in der Nacht aber auf 3-4 auffrischen soll,
entschied ich früh aufzustehen und ihn für die kommenden 55 Sm gut zu nutzen. Um
3 30 Uhr war ich unterwegs, der Wind zeigte nur eine leichte Briese
dennoch besser als gar keine und er sollte ja auch noch kommen…
es ist 6 10 Uhr, ich segele gerade aus der Bucht von Tallinn heraus,
wieder mal den Wind aus Süd nutzend. Er ist zwar immer noch nur schwach, aber
die Sonne ist aufgegangen und Seenebel steht über dem Wasser. Ich fahre quasi
in ein Nichts-Polster hinein, wenn ich aber aufs Deck steige kann ich teilweise
über den Nebel schauen, dazu ist die Temperatur in diesen 2,5 m Höhe deutlich
wärmer wie unten in der Plicht wo ich sitze. Fast ein wenig unheimlich aber
eben auch sehr spannend. Sorge habe ich wenig, kann man doch sehr weit hören,
wodurch jedes Motorboot schon von weitem zu erahnen ist und Segler, die Paar
schlafen noch. Vor kurzem war da eine Fähre oder ähnliches, die sich recht
schnell näherte, aber nach etwas Lauschen hörte man sie vor mir, von links nach
rechts in einiger Entfernung vorbei fahren. Gesehen habe ich sie nicht.
Der Wind entwickelte sich leider nicht so wie er angekündigt
war. Er blieb schwach und gelegentlich musste ich einen kleinen Schlag kreuzen.
Eigentlich war es sonnig und sehr schönes Wetter. Am Nachmittag zogen ein paar
Wolken vorbei und ein paar vereinzelte Regentropfen zeigten sich. Ich war gerade
unter Deck, ich erstarrte, lauschte, was war das? Ich sprang nach draußen,
irritiert über das was ich hörte, ein lautes Rauschen. Nach einem
Rundumblick verstärkte sich der Schreck, als eine weiße Wand von vorne kam.
Wie das? Etwa so etwas, was ich schon einmal vor Travemünde erlebt, als
plötzlich ein „Wieße Bö“ über mich rüber zog, wo ich gerade noch rechtzeitig die
Fock einrollte, den Motor anwarf , die Großschot in der Hand hielt und hoffte
mich im Wind halten zu können und das das Großsegel sich nicht in Fetzen
zerriss. Das war eine Bö von mind. 10 Bft. gewesen. Nach 5 min war sie vorüber
und alles war wieder gut.... An dies dachte
ich in diesem Moment. So rollte ich sofort die Genua ein und lauschte verunsichert.
Doch die "weiße Wand" eilte nicht in dem Tempo auf mich zu wie befürchtet. Sie
verharrte und löste sich schließlich ganz auf, bevor wir uns begegneten. Es war nur
ein extremer Regenschauer, sogar ohne Wind, der das Geräusch und das Weiß auf
dem Wasser verursachte und mir diesen Schrecken eingejagt hatte. Nur sehr langsam ging es den Tag über
vorwärts, mit zwischen 2-4 Knoten die Stunde und es war schon bald 20 30 Uhr
als sich der lang ersehnte Wind endlich meldete. 3-4 Bft. waren für den Tag und
die Nacht angesagt gewesen. Wie schön, dass er endlich kam. Aber vor mir lagen
immer noch 10 Seemeilen. Diese Küste und die großen Buchten und Landzungen
ziehen sich immer viel weiter hin als man das denkt. Eigentlich hätte ich
die geplanten 55 Sm schon lange geschafft und schon im Hafen hätte
sein wollen. Und diese Strecke in die Bucht müsste ich sowieso wieder hinaus
segeln, wenn ich rüber nach Finnland will. Das ging mir in diesem Moment durch
den Kopf. Und da der Wind so gut und die Nächte nicht mehr dunkel werden und ich
das Nachtsegeln sowieso spanend finde,
entschied ich mich kurzentschlossen für einen Kurswechsel. Ich wendete, gab den
neuen Kurs in den Plotter ein und war so auf dem weg nach Finnland,
in der Hoffnung, dass der Wind andauert.
Haapasaari, eine kleine Inselgruppe vor Kotka, im Osten
Finnlands war mein Ziel. Dieser Hafen hat einen Zollstützpunkt, so dass ich von
hier, aus der EU ausreisen und nach Russland einreisen kann. Es ist die fast
östlichste Möglichkeit der Ausreise, um die Anfahrt nach st. Peersburg auf das möglichste zu
verkürzen. 85 Seemeilen werden es ohne Kreuz bis nach Krohnstadt, wo ich
offiziell einreisen muss, immer noch sein, was wieder eine Nachtsegelei
bedeuten wird.
Er dauerte an. Gegen 6 Uhr näherte ich mich Kogland, einer 5
Meilen langen Insel die ca 15 Meilen vor der Küste liegt, nicht wirklich
wissend, dass diese schon zu Russland gehört. Und da ich recht dicht an der
Insel entlang fuhr, mich somit im russischen Hoheitsgewässer befand. Das
Funkgerät war eingeschaltet und plötzlich hörte ich, nach dem schon einige
unverständlich Meldungen vorangegangen waren , eine Positionsangabe. Mit Blick auf
meinen GPS wurde da genau meine Position geannt! Sch… was wollen die, was habe
ich falsch gemacht????Also meldete ich mich, nervös, irritiert und
verunsichert, fehlt mir ja die Routine in dieser Sache. Dazu kam, dass ich sie nur schwer verstanden
habe mit ihrem russischen Akzent. Doch sie wollten nur meine Identität, von wo
nach wo, welche Nationalität… So lief
ich um 10 Uhr in Haapasaari ein.
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